Ä Scheelchen Heeß´n- die Kaffeesachsen
Ei! wie schmeckt der Coffee süße,
Lieblicher als tausend Küsse,
Milder als Muskatenwein.
Coffee, Coffee muß ich haben,
Und wenn jemand mich will laben,
Ach, so schenkt mir Coffee ein!
aus: Kaffeekantate: Joh.Seb.Bach. Dichter: Picander
Das Land Sachsen gilt als größter Kuchenerfinder Deutschlands. Das mag wohl daran liegen, das uns Kaffee allein nicht glücklich machte und wir was zum "diddschen" brauchten, wenn wir "condiddern" gingen. Ich nehme an, nicht jedem sind diese Begriffe bekannt, deshalb fangen wir einmal ganz von vorne an:
Wie Sie vielleicht wissen, war der Kaffee nicht immer so erschwinglich wie heute. Er galt im 17. Jahrhundert als Exoticum, einzelne Bohnen wurden als Souvenir aus den arabischen Ländern mitgebracht. Die weitere Geschichte können wir gern gemeinsam in Leipzig im "Coffee Baum" nachvollziehen. Schon Johann Sebastian Bach holte sich in Leipzig seine Inspiration zur Kaffeekantate und dichtete somit den Kaffeesachsen ihre eigene Hymne.
Kurz gesagt war es ein Getränk der Reichen, die sich erst noch an den Geschmack gewöhnen mußten (und an den Kaffeesatz, der bis zur Erfindung des Kaffeefilters durch die Dresdnerin Melitta Benz ein treuer Begleiter war).
Nach und nach wurde der Kaffee auch für die einfache Bevölkerung bezahlbar, und so entstand das, was wir heute nicht nur in Sachsen als "Kaffeetrinken" am Nachmittag bezeichnen.
Zum "Kaffeesachsen" wurden wir allerdings aus Spott- denn in den erzgebirgischen Regionen nahm der Kult des Kaffees- vor allem aus Kostengründen des Ersatzkaffees aus Zichorienwurzel- derartige Ausmaße an, das es für manchen Besucher schon eine Qual war...
Soviel zum Thema wir Sachsen und der Kaffee, den wir (angeblich) mit Milch und viel Zucker nehmen. Wovor man sich hüten sollte, ist der Blümchenkaffee, den Sie heutzutage allerdings weit weniger antreffen werden als in wirtschaftlich armen Zeiten, als der Kaffee noch so dünn war, das man den Tassenboden erkannte. Der Begriff Blümchenkaffee war übrigens anfangs keine Schande- denn wenn sie sich Meißner Blümchen in der Tasse leisten konnten, und dann noch Kaffee dazu, waren sie wer!
Sie merken schon- das Kaffeetrinken in Sachsen zieht weite Kreise.
Und so können wir auch den Papst nicht außen vor lassen, denn ihm verdanken wir die Butter im Stollen. Nach und nach wurde aus einem Fastengebäck ein gehaltvolles Weihnachtsgebäck. Und das führte wiederum zu neuen Kuchenkreationen.Diese süße Liebe ging durch alle Schichten: August der Starke genoß die selbst gebackenen Zibeben seiner Gräfin Cosel (eine Art Rosinen in Weinteig ausgebacken), Fürst-Pückler gab seinen Namen für eine Eiskreation des Konditors Schulz und der letzte sächsische König Friedrich August III. liebte seinen Milchreis mit Zimt und Zucker. In seiner Zeit erlebte auch das "condiddern gehen" seinen gesellschaftlichen Höhepunkt, was man andernorts wohl als Kaffeehauskultur bezeichnen würde.
Und wenn Sie das mit dem "Diddschen" noch nicht kennen, laden Sie sich doch einfach einen echten Kaffeesachsen zum Scheelchen Heeß´n ein- da lernen Sie´s.
Die Eierschecke
Immer wieder werden wir von unseren Gästen gefragt:
"Was können sie denn als regionale Spezialität empfehlen?"
Der echte Dresdner überlegt nicht, es kommt ihm wie aus der Pistole geschossen über die Lippen:
"Dresdner Eierschegge."
"Eierschnecke?"
"Nein, EierSCHECKE, ohne N."
Ja und dann versuchen wir zu erklären, was man besser einfach probiert. Wir erzählen vom Hefeteig, der Quarkschicht, eventuell anzutreffenden Rosinen und natürlich dem wichtigsten Teil: der Eischaumschicht. Spätestens jetzt freut sich der Dresdner wieder auf seinen geliebten Gaffe -mit Eierschegge. Natürlich.
Keiner weiß, wer diese süße Köstlichkeit erfunden hat, aber wir nehmen mal an, sie kommt aus gutem Hause, anders ist die Verwendung so guter Backzutaten nicht zu erklären. So mancher behauptet, sie wäre zuerst am sächsischen Hofe gesehen worden. Da der Sachse aber schon immer Quarkkuchen liebt, nehmen wir einfach einmal an, das ein besonders gewitzter Bäcker eine gute Idee hatte und einen Kuchen daraus machte, der in seinen Schichten "gescheckt" ist.
Ich empfehle, in Dresden in ein gutes Café einzukehren oder einen der vielen Bäcker aufzusuchen- die Eierschecke ist eine Kunst für sich und nicht immer gelingt sie so wie gedacht. Kaufen Sie die Eierschecke da, wo Sie sie sehen- sie muß schön fluffig und saftig sein und mehr Quark und Schecke als Boden haben.
Und bitte: wenn es Ihnen nicht schmeckt- was ich nicht glaube- dann sagen Sie es nicht den Dresdnern. Denn da verstehen wir keinen Spaß!
Die Meißner Fummel
Der Bäcker nimmt ´nen Batzen Luft,
bläst bissel Teig drum rum;
schon zieht der Fummel würz´ger Duft
ins liebe Publikum.
Die Meißner Fummel und das Porzellan haben viel gemeinsam- vor allem ihre Zerbrechlichkeit- und nur durch die neu gegründete Porzellanmanufaktur in der Albrechtsburg entstand erst das luftige Gebäck. Die Trinkfreudigkeit der Kuriere war es letztendlich, die August den Starken auf die Idee brachte, Zwischenstopps bei den schönen Wirtshaustöchtern einen Riegel vorzuschieben.
Die Konditoren sollten sich etwas einfallen lassen, was so dünn und zerbrechlich ist, das schon die kleinste Erschütterung zum Reißen, Bröckeln oder gar Zusammenfallen führen würde. Ab 1710 wurde den Meldereitern also "Meißner Luft" in die Hand gegeben, die sie heil in Dresden abliefern mußten, um sich selbst vor Strafe zu schützen.