Die Oberlausitzer und ostsächsische Küche


Gibt es eine Oberlausitzer Regionalküche? sollte wohl eher die Frage sein. Ich denke, ja. Da ich allerdings meist in Familie speise und das sicherlich auch zu Unterschieden führt, kann ich nur das berichten, was ich in den letzten 15 Jahren für mich herausgefunden habe. Die Oberlausitz ist so groß, das ich es als Oberlausitzerin selbst nicht wußte wie weit das geht.

 

Für uns war Oberlausitz alles südlich von Bautzen. Wir waren ja Sorben! Und somit ist Bautzner´Senf typisch, oder?

 

Wenn man dieses Thema etwas eingrenzen will, dann befindet man sich schnell im Oberlausitzer Bergland, wo die schönen Umgebindehäuser zu finden sind. Die Menschen sind geprägt vom Weberhandwerk, langen Wintern und dem ländlichen Leben. Also sollte man keine Haute Cuisine mit internationalem Einschlag erwarten! Es gibt ein paar Produkte die in dieser Oberlausitz, wie ich sie erst kennenlernte, viel mehr verwendet werden als in meiner alten Heimat: Kümmel und Mohn. Ich nehme an das liegt an der Nähe zum Böhmischen, viele Gerichte sind auch mit Böhmischen oder Sorbischem Einschlag- es ist eben eine Grenzregion.

 

Und dann gibt es noch die Zutat aller armen Regionen, die in den letzten 150 Jahren ihren Siegeszug über preußische Grenzen trug: Abern (Kartoffeln).

In den Wäldern gibt es meist viele Pilze, womit diese auch öfters verwendet werden.

Ich mußte ein paar Begriffe neu lernen und diskutiere noch heute darüber, das das nur "bei Euch" so heißt. Oder kennen Sie vielleicht "Gewiegtebrutl" oder aber:  

Die "Teichelmauke" - Das Nationalgericht der Oberlausitzer!

Was ist "Teichelmauke"? Das habe ich mich auch gefragt, bis ich zum ersten Mal davor saß. Man bekommt es nicht unbedingt in der gehobenen Gastronomie, aber Gasthäuser mit Regionalem Bezug bieten es schonmal an. Es handelt sich dabei um Kartoffelpüree, in das eine Kuhle gemacht wird, in die Rindfleischbrühe gegeben wird. Die Brühe wird auch im Kartoffelpüree anstelle der Milch verwendet. Dazu kommt dann noch das gekochte Fleisch. Eben ein "Teich" in der "Mauke". 

 

Ich als Sorbin fühlte mich da sehr stark an unser "Rindfleisch/ Wellfleisch mit Meerettich" erinnert.So unterschiedlich ist die Kochkunst eben nicht, aber wir würden NIEMALS Kartoffelpürree zu unserem Wellfleisch essen! Jedem eben das Seine, geschmeckt hat es noch überall!

 

Die "echte" Kamenzer

 

Wenn es um die Wurst geht, dann kann damit auch gemeint sein: Wer darf die Wurst wie nennen? Im Jahre 2010 beschlossen Kamenzer Fleischer, ihre "Kamenzer" als "Wort-und Bildmarke" schützen zu lassen. Nun dürfen nur noch Kamenzer das "Gamenser Gnaggwärschdl" anbieten.

Erstmals wurde die Wurst 1859 zum Forstfest vom Fleischhauermeister Carl Heinrich Miersch hergestellt. Er hatte das Recht, die Garküche zu betreiben und so entstand eine Knackwurst mit festem Biss, die man vielleicht auch als eine Mischung aus Wiener und Knacker bezeichnen könnte. Man genießt sie warm oder auch kalt, zu Brot und Bautzner Senf.

 

Und da sind wir auch schon wieder beim Streitfall. Die Bautzner Fleischer möchten auch gern "Kamenzer" verkaufen, schließlich sind die Kunden es so gewöhnt. Gegen eine Gebühr dürfen sie dies auch- oder aber: sie sind kreativ und nennen sie einfach anders. Taubenheimer zum Beispiel. Die treuen Kunden haben sich längst dran gewöhnt... und wenn sie Kamenzer bestellen, weiß jede gute Fachverkäuferin, was gemeint ist.

 

Wir geben unseren Senf dazu...

 

Servieren Sie einem "Ossi" (ja, ich weiß, immer dieser Begriff- aber so ist das nunmal, wir leben im Osten und nach 30 Jahren muß das auch nicht immer ein Schimpfwort sein. Und das zu beschreibende Phänomen betrifft nunmal nicht nur Sachsen oder, oder, oder...) mal etwas anderes als "Original Bautzner Senf". Machen Sie sich gefasst darauf, das es da Einspruch hagelt. Nur Bautzner´ ist Senf, alles andere- naja.

 

Wenn es ein paar Dinge gibt, die den "Nationalstolz" des ehemaligen DDR-Bürgers treffen dann ist Bautzner´ ein Teil davon. Das große Mengen davon gar nicht mehr in Bautzen produziert werden ist dabei nebensächlich, schließlich geschieht das aus gutem Grund: Wir verkaufen soviel davon!!! 

 

Wie kann das sein? Ein Ostprodukt welches in GANZ Deutschland ein Begriff ist? Da gibt es wenige. Mir fällt noch Rotkäppchen Sekt und Radeberger Bier spontan ein.  Sicherlich auch noch Anderes, aber beim Bautzner´ ist das etwas spezieller. Sie merken es schon, ich sage nicht Senf, das lassen wir getrost weg, denn jeder kennt den guten Bautzner´ . Was kann denn bitte regionalspezifischer sein als die Stadt als Namen? Man könnte jetzt sagen, das gibt es doch ganz oft: Wiener, Berliner, Hamburger,.... Den Berliner bäckt man Ihnen auch in Hamburg, wo er sicherlich auch etwas anders schmeckt (und ich bin mir da auch gar nicht so sicher, ob die Berliner nicht Pfannkuchen sagen?) Aber: Bautzner´ hat ein festes Rezept (ohne all den Schnickschnack), darf nur von dieser einen Firma hergestellt werden und jedes Kind weiß, das er "von hier" kommt. 

 

Eigentlich gehört Bautzner´ somit heute keiner Regionalküche mehr an. Er wird ja überall verwendet. Aber: Wenn die Oberlausitzerin noch Gulasch oder Rouladen braten möchte und da nunmal Senf reingehört, dann gibt es da keine Alternative, sie kann ihren Mann mit den zwei linken Händen beim Kochen losschicken: Hol Senf!- Er würde nicht fragen: Welchen?