Sächsische Geschichte beginnt in Dresden gefühlt irgendwo im Mittelalter. Städte wie Meissen, Torgau oder Pirna waren zu Beginn der sächsischen Städtekultur weit wichtiger als das kleine Dresden. Das kuschelte sich ziemlich lange verschlafen in sein Elbtal, bestand genau genommen aus mehreren Teilen und wurde erst um 1500 für das Herrscherhaus der Wettiner zur Residenzstadt. Erst danach beginnt die Expansion zur barocken Perle. Erst durch August den Starken wird Dresden so richtig wach. Oder waren es die Umstände der Zeit, die auch ohne August die Stadt beeinflusst hätten? Mit Sicherheit wäre Dresden nicht das, was es heute ist ohne diesen Herrscher.
Fragt man die Lausitzer, wo sächsische Geschichte beginnt, dann klingt das ganz anders. Da beginnt die Geschichte vor 1400 Jahren. Als slawische Siedler aus dem Osten Europas in die Gebiete östlich der Elbe zogen und sich hier niederließen. Für Jahrhunderte war die Region bäuerlich geprägt, und nicht immer gehörte man zum Land Sachsen. Das wechselte innerhalb der einzelnen Regionen. Mal Schlesisch, mal Böhmisch, aber nie so ganz selbstständig, auch wenn sich das der ein oder andere Sorbe wohl gewünscht hat und es sogar Bestrebungen dazu gab. Aber für uns Sorben ist klar: Wir waren eher hier. Die deutschen Siedler kamen erst durch die Expansion gen Osten, auch aufgrund der viel versprechenden Braunkohlenfunde, in die Dörfer der sorbischsprachigen Oberlausitz und Niederlausitz. Und die Oberlausitz südlich von Bautzen? Ein wenig böhmisch, ein wenig deutsch -dies vor allem durch die Zuwanderung aus den westlichen Gebieten. Je nach politischer Zugehörigkeit und eigenem Verständnis.
Sachsen ist ein Land der Einwanderer. Das fing aber nicht erst vor 1400 Jahren an. Das war schon vor 30.000 Jahren so und das nicht nur in Sachsen. Die ganze Welt ist irgendwie und irgendwo im Laufe ihrer Geschichte immer unterwegs. Weil das Klima sich änderte, weil die zu jagenden Tiere neue Futterplätze aufsuchten oder weil man sich in einer neuen Welt ein besseres Leben versprach. Vielleicht sind wir mit dem heutigen Verständnis der Staatszugehörigkeit sogar erst richtig sesshaft geworden? Haben den Begriff des Zu Hause seins neu interpretiert und denken nicht mehr an das Haus, in dem wir geboren wurden, sondern an das Umfeld, das unsere Sprache spricht?
Der Begriff Heimat täuscht vor, das etwas nur an diesem Ort vorhanden ist. Das was man kennt und liebt, das ist die eigene Kultur, die eigenen Bräuche und Traditionen. Da wird schnell etwas regionaltypisch, obwohl es 500 km weiter genauso existiert, nur anders heißt. Die Sächsische Küche ist ein gutes Beispiel dafür.
Sachsen anno 10.000 vor Christus
300 Jahre Geschichte sind eine sehr lange Zeit. So lange steht der Zwinger bereits in Dresden. Für die Geschichte der Welt ist das nicht einmal ein Wimpernschlag. Für uns Menschen liegen Generationen dazwischen und je mehr es werden, desto schwieriger wird es, unsere Vorfahren noch klar im Dunst der Geschichte zu erkennen.
Wie also soll man sich gewahr werden, das es bereits Menschen in dieser Region gab, als Höhlenlöwen noch durch die Lausitzer Steppe pirschten? Einer von ihnen wurde übrigens auf dem Berliner Alexanderplatz ausgegraben.
Und Mammuts immer seltener wurden um letztendlich nur noch in Sibirien für weitere tausende Jahre zu überleben?
Wie sah Sachsen vor 12.000 Jahren aus- das hab ich mich schon oft gefragt. Kann man dazu überhaupt eine Antwort finden?
Die Archäologen können so einige Antworten liefern, nur leider bleibt bei Führungen nie die Zeit, so weit in die Geschichte zurück zu schauen. Das andere Problem erwähnte ich schon am Anfang. Dresden war nicht so wichtig, wie es heute gern erscheinen mag. Die interessantesten Funde der Steinzeit liegen eben nicht gut auffindbar unter dem Altmarkt sondern in kleinen sächsischen Orten wie Niederkaina, Kotten oder Bornitz. Oder in den Dresdner Stadtteilen Cotta und Coschütz.
Lokale Sagen auf dem Prüfstand
Die sächsische Frühgeschichte ist ein spannendes Forschungsfeld, auch für Hobbyhistoriker. Sie verrät uns so einiges darüber, wie gleich wir doch alle sind. Das wir alle aus einer Wurzel kommen. Und gerade auch im Hinblick auf diese regionale "Einzigartigkeit" kann ein Vergleich mit anderen Bräuchen oder auch Mythen der Vorzeit sehr aufklärend sein.
Als Kind wuchs ich mit den sorbischen Sagen auf. Mit der Mittagsfrau und dem Wassermann. Oder auch der Krabat - Sage. Nie wäre es mir damals eingefallen, die Symboliken und Gestalten in anderen Kulturkreisen zu suchen. Oder zu hinterfragen, woher diese überlieferten Bilder kommen und wie sie aussahen, bevor sie ihre heutigen Gesichter erhielten. Als Erwachsene in einer offenen Welt und mit all den heutigen Möglichkeiten der Recherche stelle ich nun immer wieder fest, wie klein die Welt doch ist. Wie alle Nuancen letztendlich auf wenige Ursprünge zurückgehen.